Moderne Theaterinszenierung des Dramenfragments in der Aula aufgeführt

Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 11 und 12 des beruflichen Gymnasiums (BG) der Wilhelm-Knapp-Schule (WKS) Weilburg sowie der Fachoberschule (FOS) und aus dem Bildungsgang „Berufliche Bildung Vorbereitung“ (BBGV) sahen in der Schulaula des beruflichen Bildungszentrums eine Aufführung des Dramenfragments „Woyzeck“. Das Theater „Landungsbrücken Frankfurt“ präsentierte das unvollendete Drama über den Soldaten Franz Woyzeck von Georg Büchner (1813 bis 1837) – das erst nach dem Tod des Dichters in einer überarbeiteten Fassung im Jahre 1879 veröffentlicht wurde – in einer modernen Variante.

Es war zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, ein Stück aus dem 19. Jahrhundert in einer modernen Fassung zu erleben, bei der nicht nur aktuelle Musik und eine Power-Point-Präsentation zum Rahmen gehörten, sondern die Darsteller auch bewusst an die Schamgrenze gingen.

Schon der Beginn der Aufführung war ungewöhnlich. Da Georg Büchner seinen „Woyzeck“ lediglich als unvollendetes Fragment hinterlassen hat, ist die Anordnung der Szenen bis heute nicht geklärt. Diese Besonderheit griff Sarah Kortmann, die nicht nur als Darstellerin fungierte, sondern auch als Regisseurin für die Inszenierung des Stückes verantwortlich war, auf, indem sie es dem Zufall überlässt, in welcher Reihenfolge die einzelnen Szenen bei jeder Aufführung des Stückes gespielt werden. Schüler aus dem Publikum zogen jeweils einen Umschlag mit Nummern und einen mit dem Titel der Szene und so wurde dann die szenische Abfolge festgelegt. Durch dieses Zufallsprinzip habe das Stück bei jeder Aufführung eine andere Aussagekraft und Wirkung auf das Publikum, stelle aber auch eine besondere Anforderung an die Schauspieler, die sich immer kurzfristig auf jede neue Szene einstellen müssen, hob Sarah Kortmann später hervor.

Mit Ausnahme von Linus König, der die Hauptrolle des Woyzeck durch sein intensives Spiel ausdrucksstark darstelle, schlüpften die drei anderen Darsteller, Sarah Kortmann, Marlene Zimmer und Marius Schneider in verschiedene Rollen, in denen sie anhand von Kleidungsstücken – oft handelte es sich lediglich um farbige Perücken, Mützen oder andere Utensilien – zu erkennen waren. Insbesondere in der Rolle des skrupellosen Arztes, der Woyzeck zum „Versuchskaninchen“ degradiert und ihm jede menschliche Würde nimmt, brillierte Marius Schneider und auch Sarah Kortmann und Marlene Zimmer, als Marie, Hauptmann oder in weiteren Rollen des Stückes sorgten für eine teils unterhaltsame, teils beklemmende und teils schockierende Atmosphäre.

Erzählt wurde die Geschichte des armen Soldaten Woyzeck, der versucht mit ehrlicher Arbeit seine Freundin Marie und sein uneheliches Kind zu unterstützen. Er dient seinem Hauptmann als Laufbursche. Der Vorgesetzte nutzt jede Situation, um Woyzeck zu beleidigen und ihn auszunutzen.

Marie begegnet währenddessen einem Tambourmajor, der als Haupttrommler die Parade einer Militärkapelle anführt. Dieser versucht sie mit kleinen Geschenken für sich zu gewinnen. Woyzeck ahnt, dass Marie ihn betrügt. Er lässt sich auf das Experiment eines skrupellosen Arztes ein, um zusätzlich Geld für seine Familie zu verdienen. Im Zuge des medizinischen Experiments wird Woyzeck auf eine Erbsendiät gesetzt und darf fortan ausschließlich die grünen Hülsenfrüchte essen. Marie kann den Avancen des Tambourmajors nicht mehr widerstehen und lässt sich auf eine Affäre mit ihm ein. Woyzecks Eifersucht wächst und zudem wird der Soldat vom Hauptmann und dem Arzt psychisch und physisch immer stärker ausgenutzt und öffentlich blamiert. Woyzecks Mitmenschen machen sich auf seine Kosten lustig und stacheln die Eifersucht mehr und mehr an.

Der Soldat entdeckt Marie und den Tambourmajor bei einem Tanz im Wirtshaus. Aufgrund der Mangelernährung sowie der psychischen Belastungen ist Woyzeck inzwischen völlig erschöpft. Er hört Stimmen, die ihm befehlen, Marie umzubringen. Er kauft ein Messer, lockt Marie in den Wald und ersticht sie. Der Soldat eilt zurück in die Stadt und besucht das Wirtshaus. Andere Gäste entdecken Blutspuren an ihm, woraufhin er die Flucht ergreift. Woyzeck kehrt zum Tatort zurück und versenkt das Messer in einem Teich. Marie wird tot aufgefunden und untersucht.

Im Anschluss an die Aufführung standen Sarah Kortmann und die drei anderen Darsteller den Zuschauern in einer Diskussionsrunde als Ansprechpartner zur Verfügung, in der sie Erläuterungen zu dem Drama bzw. der Inszenierung gaben, Fragen beantworteten und sich der Kritik des Publikums stellten.

Initiatorin der außergewöhnlichen Unterrichtsstunde war Deutschlehrerin Dr. Astrid Eisbrenner, die an der WKS im Bereich des BG auch das Fach „Darstellendes Spiel“ unterrichtet, in Kooperation mit „FLUX“, einem Verein zur „Förderung von Theater und Schule“, der mit Unterstützung des Landes Hessen dafür sorgt, dass Theateraufführungen mit professionellen Schauspielern kostengünstig an Schulen stattfinden können.

Schreibe einen Kommentar