Ich betrete die Eingangshalle der WKS und stehe inmitten einer Ausstellung. Eine Woche lang, so hat man mir gesagt, soll dieser Ort die Auseinandersetzung mit verschieden Themen rund um den Prozess der deutschen Wiedervereinigung in den Jahren 1989 und 1990 stimulieren.
Sofort fällt mir als dominanter Teil der Ausstellung die Mauer ins Auge, die mit Bildern der Bauphase aus dem Jahr 1961 das Drama des Kalten Kriegs auf deutschem Boden veranschaulicht. Auf der Mauer sehe ich drei Köpfe mit verbundenen Augen: Wird hier etwa die Blindheit des SED-Regimes gegenüber den Bedürfnissen der Menschen der DDR dargestellt? Oder symbolisieren sie die Ignoranz jenes nie niedergeschriebenen Schießbefehls, der doch so vielen Menschen das Leben kostete. Beeindruckt stehe ich vor der langen Liste der Opfer.
Diesseits der Mauer fällt mein Blick auf eine schwarz-rot-goldene Fahne mit der Aufschrift „Wir sind das Volk“ und ein Mobile aus Menschenfiguren, das von der Decke hängt. Ich schaue genauer hin und entdecke, dass die Figuren des Mobiles ihre Farbe wechseln, von grau bis bunt: Unscheinbares, zaghaftes Aufbegehren wird hier Stück für Stück zu selbstbewusstem Fordern, gerade so, wie die ersten Friedensdemonstrationen Anfang der 80ger Jahre sich ihren Weg bahnten und schließlich zu den Massendemonstrationen der Bürgerrechtler des Jahres 1989 führten. Informationstafeln mit den geschichtlichen Fakten begleiten die Ausstellung und geben mir einen Überblick. Ich lese über die politischen Umwälzungen in der UdSSR unter Gorbatschow, über Massenflucht und Massenproteste, über die Nacht in der die Mauer fiel und über die 2+4-Verhandlungen des Jahres 1990, die eine Einheit der deutschen Staaten erst ermöglichte.
Und noch eine deutsche Fahne ist zu sehen, die dem Wandel der Forderung von Freiheit nach Einheit Rechnung trägt. „Wir sind ein Volk“ steht auf ihr geschrieben und sie trägt Aufkleber, auf denen die Worte „tolerant“, „weltoffen“ und „friedliebend“ zu lesen sind: bewusste Erweiterung des Slogans von damals! Diese Idee, wird noch einmal, kurz bevor ich die Ausstellung verlasse, aufgegriffen und hier zu einem bewegenden Bekenntnis. Vier Köpfe schauen mich an. Ein weißer, ein schwarzer, einer mit Kopftuch und ein Kopf mit jüdischer Kippa. „Wir sind ein Volk“ steht in großen Buschstaben auf dem in den deutschen Farben gestalteten Sockel. Nicht Hautfarbe oder Religion sind die Elemente, die uns als Volk verbinden, sondern unser gemeinsames Streben nach Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit – Werte, die auf dem letzten Ausstellungsobjekt „Tag der deutschen Einheit“ mit Girlanden und Luftballons gefeiert werden.
Die Ausstellung „25 Jahre Mauerfall“ wurde von den Schülerinnen und Schülern des Kunstkurses der Jahrgangsstufe 12 und des Geschichtskurses der Jahrgangsstufe 13 des Beruflichen Gymnasiums geplant, produziert und durchgeführt.